Rüdiger Schlunke möchte sich nach einer eigenen bewegenden Lebensgeschichte in Menschen mit Nöten investieren. Er startet die PACK-iT GmbH als Sozialfirma und schafft erste Arbeitseinsätze für Sozialhilfebezüger der Schaffhauser Gemeinden. Neben Verpackungsaufträgen entsteht zusammen mit Peter Rahm von der Rimuss- und Weinkellerei Rahm die Idee, personalisierte Etiketten für Wein-Geschenke zu erstellen. Der Etikettendruck, die Applizierung auf die Flaschen sowie der Versand kann von Sozialhilfebezügern ausgeführt werden. Damit ist der erste Geschäftsbereich "Personalisierte Weinetiketten" entstanden, welcher später noch ausgebaut werden sollte.
Wirtschaftlich reichten diese Arbeiten jedoch nicht aus, um die Firma über Wasser zu halten. Weiter war auch die Abhängigkeit von Staats-Geldern nicht befriedigend. Eigentlich wollte man den Menschen dienen, indem sie vom RAV oder der IV herausgelöst werden konnten und gleichzeitig dem Staat einen Dienst erweisen, indem die Arbeitslosen- oder IV-Gelder eingespart werden konnten. Man sucht daher nach einem anderen Weg.
Die Business-Mentoren Markus Guldener und Albert Trüllinger beraten zusammen mit Rüdiger Schlunke mögliche Wege zur Weiterführung der Unternehmung. Zu diesen Zeitpunkt stösst Andreas Bleisch dazu. Wie Rüdiger Schlunke träumt er davon, Arbeitsplätze zu schaffen für Menschen in schwierigen Umständen und sie während der Arbeit zu trainieren und zu fördern. Er steigt in die Geschäftsleitung ein und schreibt zusammen mit Rüdiger nochmals einen neuen Businessplan. Dieser skizziert eine Unternehmung im ersten Arbeitsmarkt, welche mit schwächeren Menschen professionielle Dienstleistungena ausführt und dabei keine Subventionen bezieht und sogar noch Sozialprojekte unterstützen kann. Ein sehr ehrgeiziges Ziel wie sich später in der Praxis noch herausstellen sollte. Als Geschäftsbereiche soll die bereits bestehende Etikettierung ausgebaut werden sowie ein Handel mit Occasion Büromöbel hinzukommen. Dieser Geschäftsbereich wird "Removentes" getauft. Es handelt sich um ein Lateinisches Wortspiel aus "Re" für "Wieder" und "Moventes" für "Mobiliar". Es möchte mit der Wiederverwertung von Möbeln die Umwelt schonen und der Wegwerfmentalität entgegen treten. Rüdiger Schlunke und Andreas Bleisch arbeiten erst je rund 50% für PACK-iT und sind nebenher noch teilzeitig angestellt.
Die Struktur der PACK-iT ist so aufgebaut, dass die GmbH das rechtliche Gefäss ist, welches die Geschäftsbereiche als Labels führt. Ein weiteres Ziel der PACK-iT ist es, in Zukunft weitere Geschäftsbereiche aufzubauen und diese später vielleicht an zuverlässige Mitarbeiter weitergeben zu können. Und es soll eine Plattform sein, mit dessen Hilfe Start up's losgetreten werden können. Mitarbeiter mit Ideen sollten dazustossen können und mit unserer Hilfe die Neugründung einfacher schaffen. Der Start eines neuen Labels kann praktisch ganz unbürokratisch über Nacht erfolgen und es können viele Synergien genutzt werden. Der Nachteil ist, dass alle Labels von einander abhängig sind und sich gegenseitig in de Abgrund ziehen können. Weiter haben wir faktisch gleich zu Beginn eine Holding-Struktur aufgebaut und gleichzeitig verschiedene Neugründungen gestartet, was die Sache nicht gerade einfacher machte. Dazu aber später mehr.
Was ist jedoch unsere tiefste Motivation und Antrieb für diese Art von Business? Geld kann es nicht sein, sonst müssten wir andere Geschäfte aufbauen. Nein, Spass beiseite, es ist unsere Beziehung zu Gott. Selber hatten wir eine starke Berührung mit seiner Liebe und dürfen diese seither täglich neu erleben und wünschen uns, diese an andere Menschen weitergeben zu dürfen. Dies möchten wir praktisch tun und nicht einfach nur mit schönen Worten. Der Motor unseres Unternehmertums ist also in erster Linie unser gelebter "Gottesdienst" im wahrsten Sinne des Wortes und gleichzeitig auch ein Dienst an Menschen. Darum ist "dienen" unser Schlüsselwort und beschreibt unsere Haltung im täglichen Handeln.
Wir formulieren unsere interne Vision wie folgt:
PACK-iT hat einen christlich-sozialen Hintergrund und möchte Menschen helfen, ihr Leben anzupacken! Sie will mit einem unternehmerischen Ansatz gesellschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit, Suchtkrankheiten aber auch Engpässe bei den staatlichen Sozialausgaben anpacken. Dazu nimmt sie Menschen in Arbeitsprozesse hinein und trainiert sie ganzheitlich „on the Job“ in charakterlichen, fachlichen und sozialen Bereichen. Dabei will PACK-iT mittelfristig finanziell selbsttragend und unabhängig von Subventionen operieren. Weiter möchte die Firma eine Plattform bieten für neue Geschäftsideen, welche mit dem Support von PACK-iT als Label aufgebaut werden können. Nach erfolgreichem Startup können diese in eigenständige Firmen übergehen. PACK-iT ist vernetzt mit anderen Firmen und Projekten, welche die selbe Vision verfolgen.
Nach der Analyse des ersten Jahres mit der Neuausrichtung wird festgehalten, dass es für den Durchbruch mehr Personal-Ressourcen, Mobilien und Finanzen benötigt. Durch die Verbindung und Freundschaft zum Geschäftsführer der Betz Wohn- & Bürodesign AG Christoph Marti ist damals schon die Idee von Removentes entstanden. Im gemeinsamen Austausch und Brainstorming wird eine Partnerschaft der beiden Unternehmungen PACK-iT und Betz geschlossen. Diese soll beiden Unternehmungen helfen, sich weiterzuentwickeln. Da beide im erweiterten Bereich der Innenausstattung operieren, verspricht man sich Synergien. Die Unternehmungen bleiben selbstständig aber die das Management wird zusammengelegt. Der Start dieser Zusammenarbeit wird auf den 01.01.2012 angelegt. Damit können Andreas Bleisch und Rüdiger Schlunke fulltime agieren.
Parallel zu diesem wichtigen Strategie-Entscheid werden die Geschäftsbereiche der PACK-iT intensiv hochgefahren. Im Bereich Removentes werden die ersten Räumungsaufträge angenommen. Der Deal ist, dass man die alten Möbel auf eigene Rechnung abholt und diese dafür kostenlos erhält. Wir klopfen bei UBS, CS und anderen Banken an, welche zu diesem Zeitpunkt die Anzahl ihrer Arbeitsplätze zu Gunsten von Desk Sharing abbauen. Interessanterweise fragen uns die Facility Manager häufig, ob wir nicht gleich noch einen kleinen internen Umzug machen können, wir hätten ja die Fahrzeuge und das Personal schon da. Wir merken, dass der FM nicht nur die Räumung von alten Möbeln benötigt, sondern auch deren Umzug und natürlich auch die Neuanschaffung (worauf wir später auch noch reagieren werden). Wir beginnen daher, auch Umzüge für Privatpersonen und Geschäfte anzubieten. Wir stolpern also einfach in dieses Thema rein. Wie bei allem was wir bis dahin taten und später noch tun werden, hatte niemand von uns eine Ahnung davon. Es war alles learning by doing. Da wir noch nicht alle Ausrüstung und noch nicht genug Personal haben, erledigen wir die ersten Aufträge mit Mietfahrzeugen und unseren Kollegen als Mitarbeiter. Es war alles sehr umständlich aber es machte Spass!
Zu diesem Zeitpunkt stellen wir den ersten Mitarbeiter an. Wir erinnern uns immer noch an das spezielle Gefühl, den ersten Arbeitsvertrag zu erstellen und zu unterzeichnen. Diesen Mitarbeiter begleiten wir mit Coaching on the job. Beispielsweise helfen wir ihm, Ordnung in seine persönliche Finanzen zu bringen und eine Buchhaltung zu führen. Da wir erst einen Mitarbeiter haben, können wir uns verhältnismässig viel Zeit nehmen für ihn. Später werden wir uns daran erinnern und feststellen, dass dies bei mehr Mitarbeitern nicht mehr machbar ist.
Für den Geschäftsbereich Removentes brauchen wir nun mehr Platz. In Feuerthalen neben dem Coop finden wir eine geeignete Liegenschaft für den nächsten Entwicklungsschritt. Mit viel Eigenarbeit funktionieren wir die alte Bäckerei in einen Showroom für unsere Occasion Möbel, Lagerräume für das Umzugsmaterial und Einlagerungen sowie auch Büroräume um.
Der Bereich Etikettierung wird an diesem Punkt stark heruntergefahren. Wir sehen wirtschaftlich keine Möglichkeit diesen Bereich gewinnbringend zu entwickeln. Weiter passt er auch thematisch nicht mehr zur Ausrichtung von PACK-iT.
Gegen Ende Jahr wird jedoch klar, dass wir mit dem Möbel Label Removentes nicht auch noch Umzüge im grossen Stil anbieten können. Es braucht ein neues Gefäss. Unsere Business-Coachs betreuen die Umzugsunternehmung Speedservice aus dem Glarnerland. Bei Speedservice handelt es sich aber nicht nur um ein Geschäft, sondern um eine ganze Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Eine Truppe von rund 50 überwiegend junger Menschen wohnt in Luchsingen in einem grossen Kosthaus. Ähnlich zur Vision von PACK-iT möchte die Trägerschaft Menschen ganzheitlich im Glauben und im praktischen Leben unterstützen. Dazu lebt man zusammen, bildet die Kinder in der eigenen Schule und arbeitet zusammen im eigens gegründeten Unternehmen Speedservice. Unser Absicht ist zuerst, in Feuerthalen eine Zweigniederlassung von Speedservice zu eröffnen. Da aber die Gemeinschaft just zu diesem Moment Auflöseerscheinungen zeigt, entscheiden wir kurzum, die gesamte Unternehmung mit Inventar, Fahrzeugen, Kundenstamm und mit diversen Mitarbeitern nach Feuerthalen zu holen und als Label in die PACK-iT zu integrieren. Mit Speedservice kommt auch das Geschäftsleitungs- und Gründungsmitglied Pablo Cuenca mit, welcher bei PACK-iT Teil der GL wird. Diese Integration wird sich jedoch noch schwieriger gestalten als angenommen. Wir werden hier die Lektion der "Corporate Culture" lernen. Jedes Unternehmen hat nämlich seine Kultur, welche nicht unterschätzt werden darf, v.a. nicht bei einer Fusion.
Schon im letzten Jahr haben wir das Bedürfnis unserer Kunden nach ganzheitlicher Betreuung wahrgenommen. Mit den Occasion Möbel können wir nur einen Teil unserer Kunden bedienen. Und vielmals haben wir genau das gesuchte Möbel oder richtige Farbe nicht. Darum beschliessen wir, ein weiteres neues Label mit Neumöbeln im mittleren Preissegment zu lancieren. Es soll sich vorwiegend um Büromöbel handeln, welche von der Preisklasse höher als Ikea oder Interio sind, aber günstiger als die Premium-Marken wie USM oder Vitra, welche die Firma Betz führt. Weiter möchten wir mit einem Produzenten zusammenarbeiten, welcher uns erlaubt, die Möbel zu branden. Das Ziel dabei ist es, unvergleichbar zu sein. Das neue Label taufen wir BASIX. Eine Kombination aus "Basis" und "Six". Basis, weil es die Basis-Ausrüstung an Büromöbeln abdeckt und Six, weil wir sechs Gründer sind. Der gesamte Marketing-Auftritt wird professionell durch die Agentur 720Grad ausgeführt. Höhepunkt ist das Fotoshooting in der historischen Stahlgiesserei von Georg Fischer an der Mühlenstrasse in Schaffhause.
Auf Ende Jahr hin wird die enge Zusammenarbeit zwischen Betz und PACK-iT wieder verringert. Wir möchten die zwei Unternehmungen einzeln weiterentwickeln. Das hat zur Folge, dass Andreas Bleisch, Rüdiger Schlunke und Pablo Cuenca sich ganz auf den Weiteraufbau der PACK-iT konzentrieren. Christoph Marti führt die Firma Betz weiter.
Der Start von Speedservice in der Region Schaffhausen verläuft nicht reibungslos. Die Umstellung der mitgezogenen Mitarbeiter vom Leben in einer Lebensgemeinschaft zum selbstständigen Wohnen in einer neuen Umgebung ist schwierig. Und als Geschäftsleitung sehen wir uns mit der Herausforderung konfrontiert, dass sich die Anzahl unserer Mitarbeiter auf einen Schlag verfünffacht hat. Wir können nicht mehr die gewohnte Betreuung und Begleitung gewährleisten, welche wir selber möchten und die Mitarbeitenden auch versprochen hatten. Aus dieser Not heraus ist die Idee entstanden, dass wir externe Freunde und Bekannte uns beim Coaching der Mitarbeiter ehrenamtlich unterstützen. Weiter installieren wir Teamtage, an welchen wir keine Aufträge annehmen und einfach nur Gemeinschaft haben zusammen, austauschen und an unserem Team arbeiten.
Der Mitbegründer von Speeservice, Pablo Cuenca, verlässt die Unternehmung. Rüdiger Schlunke übernimmt die Leitung Logistik und ist gleichzeitig Betriebsleiter. Andreas Bleisch hat die als CEO die Gesamtleitung der PACK-iT inne.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die PACK-iT noch nicht über den Berg, obwohl sich der Umsatz markant gesteigert hat. Es fehlen noch ca. 10-20% bis die Unternehmung selbsttragend ist. Wir kompensieren das mit viel Überstunden, einem unermüdlichen Einsatz und viel Glauben. Wir machen uns jedoch auf Ende Jahr hin ernsthafte Gedanken, ob wir so weiterfahren sollen/können. Wir überlegen alle Optionen und entscheiden aber auf Weitermachen.
In den Herausforderungen suchen wir immer wieder im Gebet die Hilfe von Gott. Schon so oft haben wir erlebt, dass er zu uns spricht und uns führt. Nach dem Vorbild von Gideon in der Bibel (Richter 6) legen wir ein "Vlies" aus. Wir haben einmütig empfunden, dass dies für diese herausfordernde Situation angebracht ist (das haben wir bis anhin so noch nie gemacht). Wir sagen Gott, dass wir bis Ende dieses Monats einen Auftrag in der Höhe von 120'000Fr. brauchen. Und dies ohne unser Zutun, der Auftrag soll einfach auf uns zukommen. Sollte dies eintreffen - so haben wir das mit Gott besprochen - ist es uns ein Zeichen und Händedruck von ihm zum Weitermachen. Gegen Ende des Monats ruft jemand an, der viele Arbeitsplätze braucht. Im ersten Gespräch fragen wir ihn nach seinem Budget. Für einen Arbeitsplatz budgetiert er ca. 3'000 Franken und er benötigt 40 Stück. Wow, das ist genau die von uns geforderte Summe! Wir wissen daher sofort, dass dies vom Himmel eingefädelt ist. Der Auftrag kommt tatsächlich und wird auf Monatsende unterzeichnet. Was für ein Zeichen vom Himmel! Gestärkt durch diesen Händedruck Gottes gehen wir in dieses Jahr.
Neben diesem Grossauftrag kommen weitere spannende Aufträge. Zum Beispiel dürfen wir für die führende Temporär-Firma diverse Möbel für einen Pavillon im Ausland vermieten. Wir fliegen auf Barcelona für die Montage eines USM-Möbels. Oder wir dürfen ein Unikat eines grossen Besprechungstisches fertigen planen und ausliefern.
Bei der Logistik optimieren wir unsere Abläufe, Kalkulationen und den Fahrzeugpark. Auch bereinigen wir Altlasten indem wir das alte Möbellager in Glarus zurückbauen. Wir merken, dass wir einen Kreis von guten Teamleitern benötigen. Nicht nur für die qualitativ gute Abwicklung der Aufträge sondern auch für die Begleitung der Mitarbeiter. Es sind nun einige, die bei uns "on the job" ein Coaching absolvieren. Sie möchten ihr Leben anpacken und die PACK-iT als Sprungbrett nutzen für den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt. Das Label Speedservice ist dafür am besten geeignet. Wir nennen es auch unser "Visions-Label", wobei die anderen Bereiche mehr den Cash-Flow sicherstellen sollen. Denn der Umzugsbereich ist preislich sehr umkämpft. Wir versuchen uns daher zu spezialisieren und führen unter anderem auch Klaviertransporte durch.
Wir unterstützen auch die Entwicklungsarbeit von Global Nomads. In unserem Keller lagern wir die Kleider, welche anschliessend nach Bulgarien gefahren werden. Mit diesen Kleidern hilft Global Nomads Unternehmern im Balkan bei der Gründung und dem Aufbau von neuen 2nd-Hand-Kleiderläden. Anstatt die Kleider einfach zu verschenken, will man so einen unternehmerischen Ansatz verfolgen und helfen Geschäfte aufzubauen. So sind die Menschen schlussendlich nicht mehr auf unsere Spenden angewiesen und können sich selber ernähren. Die unterstützen wir!
Wir arbeiten an der Fortsetzung...